Geschichte der Angertalbahn |
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Am 28. Mai 1903 wurde die 17,2 km lange eingleisige Nebenstrecke von
Ratingen West nach Wülfrath mit den Stationen STEINKOTHEN,
HOFERMÜHLE und FLANDERSBACH für den Personen- und
Güterverkehr eröffnet.
Zwischen den Bahnhöfen Flandersbach und Wülfrath wurde der Übergabebahnhof
Rohdenhaus der Rheinischen Kalksteinwerke in Wülfrath, die hier im Jahre 1903
ein großes Kalksteinvorkommen erschlossen, errichtet und von Jahr zu Jahr
vergrößert.
Die Eisenbahnstrecke, die sich dem landschaftlichen Bild des Angertales gut
einfügt, hat jedoch den Charakter als gern gesuchtes Ziel vieler Ausflügler
und Erholungssuchender nicht verloren. Die Eisenbahnstrecke windet sich in
Kurven durch das mischwaldreiche stetig ansteigende Angertal.
Diese kleine Nebenbahn erschloß das Angertal. Der erste Zug, der die Strecke
befuhr, wurde denn auch von den Anwohnern des Angertals freudig begrüßt.
Die Namen von zwei Eisenbahnern sind heute noch bekannt. Der Lokomotivführer
Fritz Sängebusch (1953 93 Jahre alt) aus Ratingen, Zur Heide und der
Zugschaffner Emil Krüsselberg, (1953 77 Jahre alt) ebenfalls aus Ratingen,
Industriestraße waren an dieser Jungfernfahrt beteiligt.
Einige Jahre nach Betriebseröffnung der Strecke wurden folgende Anschüsse
eröffnet:
Bahnhof Hofermühle:
Rheinisch Westfälischen Kalkwerke (Steinbruch Hofermühle-Nord)
Gußstahlfabrik Friedrich Krupp mit Gutehoffnungshütte
Sandgruben Speiser
weiter östlich folgten die Anschlüsse:
Rheinisch Westfälischen Kalkwerke "Petersberg" (Dornap vor 1953 stillgelegt)
Formsandgrube Liethen (1953 noch vorhanden)
Dieser Steinbruch der die "blauen Steine", die in allen möglichen Formen
aufbereitet, wie z.B. roh in verschiedenen Größen und gebrannt in Stücken oder
gemahlen, sowie mit Zusätzen als Hydrat-, Bauätz- oder Düngekalk usw., zum
Versand kommen, ist auch heute noch Garant für das Bestehen dieser Bahnlinie.
Täglich (auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen) verkehren mehrere Dutzend
Züge mit mehreren hundert Wagen über die Strecke.
Von Ratingen West aus führte die Strecke am "Blauen See" und der im Wald
liegenden "Papierfabrik Bagel" vorbei bis zur "Auermühle", wo eine Gaststätte
mit Teich zur Rast und links und rechts die bewaldeten Höhen zum Wandern
einladen. Hier war bis Anfang der 50er Jahre im Sommer wegen des starken
Ausflüglerverkehrs vorübergehend ein Haltepunkt der Eisenbahn eingerichtet.
Der Angerbach schlängelt sich rechts und links neben der Eisenbahnstrecke aus
Wiesen aufblinkend durch Tal. Hinter der Durchfahrt der Autobahn mit seinem
imposanten Viadukt kam die "Müschen-Au" mit dem Haltepunkt "Steinkothen", wo
die Gaststätten "Müschen-Au, Steinkothen und Eule " Ausflüglern Rast und
Erfrischung boten.
Der Haltepunkt "Steinkothen" war früher mit 2 Bediensteten besetzt. Der
Dienstraum mit Wartehalle fiel den Kriegseinwirkungen des II. Weltkrieges zum
Opfer.
Bewaldete Höhen beiderseits begleiten die Eisenbahnlinie bis zum vor dem
Bahnhof Hofermühle liegenden "Haus Anger", einem burgähnlichen Gebäude aus
alter Zeit.
Wenig später kommt Bahnhof Hofermühle, der bei der Eröffnung mit 1
Bahnhofsvorsteher und 2 weiteren Eisenbahnbediensteten besetzt war. Der kleine
Bahnhof am ehem. Kalksteinbruch der Rheinisch Westfälischen Kalkwerke (vor
1953 stillgelegt), hatte 1953 noch 9 Gleise. Die im Ort befindlichen
Betriebe und Unternehmen, wie Strohschneiderei, Eisengießerei, Sandgruben,
Getreide- und Düngemittelhandlung und Landwirte sorgten noch bis in die
sechziger Jahre für einen annehmbaren Güterumschlag. Bis 1951 hatte dieser
Bahnhof hatte noch eine Bahnhofswirtschaft, die jedoch dem Wohnraummangel zum
Opfer fiel. Heute ist der Bahnhof in Privatbesitz und wird wohnwirtschaftlich
und kleingewerblich genutzt.
Hinter Hofermühle verlassen wir das bewaldete Angertal. Auf beiden Seiten der
erscheinen nun kleine Höhen mit Feldern und einzeln liegenden Bauerngehöften
bis zum Bahnhof Flandersbach mit dem gleichnamigen kleinen Ortsteil der Stadt
Wülfrath.
Dieser Bahnhof ist heute noch, trotz seiner kleinen Anlage ein wesentlicher
Faktor im Verkehr der Deutschen Bahn AG (vorm. BD Wuppertal / ab 1976 BD Köln)
Mindestens bis 1953 besaß er noch eine 90 Tonnen-Gleiswaage. Nur ca. 1,5 km
weiter kommt der Übergabebahnhof Rohdenhaus der Rheinischen Kalksteinwerke
GmbH in Wülfrath. Durch die sich steigernde Produktion dieses Kalksteinbruches
ist der Wagenumschlag, und dadurch die Anzahl der Güterzügen in den 100 Jahren
ständig gestiegen. Diese Steigerung des Verkehrs zog zunächst einen höheren
Arbeitsanfall und somit eine Personalaufstockung nach sich, so daß der Bahnhof
Flandersbach, der 1903 mit 1 Bahnhofsaufseher und 2 Eisenbahnbediensteten
besetzt wurde, 1953 mit 1 Bahnhofsvorsteher und 16 Bediensteten besetzt war.
Heute im Jahr 2005 wird die Dienststelle mit 1 Fahrdienstleiter besetzt; im
Bf. Rhodenhaus arbeiten 2 Wagenmeister der DB AG.
1903 wurde im Beisein des damals ansässigen Bauern August Meisloch der erste
Eisenbahnwagen mit Stroh beladen zum Versand gebracht. Umliegende Landwirte,
Handwerksmeister, kleine Unternehmen und Stroh-, Getreide- und
Düngemittelgroßhandlungen haben in den späteren Jahren auch noch den sonstigen
Güterumschlag und Verkehr auf dieser Strecke belebt.
Von Flandersbach schlängelt sich die Strecke dann in einer letzten Steigung
durch den Kalksteinbruch der Rheinischen Kalksteinwerke zum Bahnhof
Wülfrath.
Die Beförderung der Kalksteine erfolgt größtenteils in Spezialwagen
(Selbstentladewagen) mit einem Fassungsvermögen (Laderaum) bis 50 und mehr
Tonnen. Durch diese Schwerlastfahrzeuge wird die Strecke in ihrem Oberbau
stark beansprucht und bedarf einer stetigen Unterhaltung, die bis 1988 der
Bahnmeisterei Velbert oblag.
Die Lokomotiven mit Personal und das Zugbegleitpersonal stellten bis 19?? Der
Bahnhof Ratingen West und teilweise der Bahnhof und das Bahnbetriebswerk
Düsseldorf-Derendorf.
Die steigende Produktion und der erhöhte Bedarf der blauen Steine im
Ruhrgebiet zur Verhüttung von Erz machte es zur Verkürzung der
Beförderungsstrecke im Jahre 195? notwendig, in Höhe des "Blauen See" vor
Ratingen West, eine Kurve vom damals neuerrichteten Block Anger nach
Tiefenbroich einzulegen, um so den Umweg über den Bahnhof Ratingen West zu
ersparen.